Es sind oftmals die kleinen Dinge, die letztlich den Unterschied machen. So wie sich Paare meist an den aller ersten Moment ihrer Begegnung und vor allem jenen, in dem sich erstmals ihre Blicke trafen, ein Leben lang erinnern, so kann eine einzige Minute Verzögerung einen gravierenden Unterschied für die Fahrt in den Urlaub ausmachen und entscheiden, ob sie nun sechs oder zwölf Stunden in Anspruch nehmen wird. Genauso wie der sprichwörtliche Tropfen das gesamte Fass letztlich zum Überlaufen bringen kann. Vergleichbare Situationen – kleineste Details oder Handlungen – haben bereits den Lauf der Geschichte ändern können. Nicht immer braucht es hierfür also unbedingt ein Rubikon, gelegentlich reichten besondere (und manchmal auch weniger besondere) Umstände wie etwa zu wenige Wählerstimmen bereits aus.
Von derartigen Prozessen und Situationen unterscheidet sich die technische Analyse weit weniger als man im ersten Moment vielleicht glauben mag.
Auch hier machen relativ häufig die kleinen Dinge den Unterschied oder liefern einen entscheidenden Hinweis. Als treffendes und vor allem sehr aktuelles Beispiel dürfte dafür wohl der Nasdaq 100 gelten. Ein genauerer Blick auf seinen Chart wird Interessierten schließlich offenbaren, dass dieser Index, welcher zur amerikanischen Technologiebörse „Nasdaq“ gehört, erst vor einigen Wochen seine im September 2018 erreichte historische Bestmarke von 7700 Punkten hinter sich ließ, selbst wenn er kurze Zeit später erneut darunter zurückfiel.
Dennoch gelten neue Allzeithochs für gewöhnlich als ein deutliches Aufbruchssignal, denn meist folgen etwaigen Vorstößen in Rekordhöhen bald weitere markante Kursgewinne. Umso mehr gilt dies noch für neue Hochs, denen zuvor eine größere Konsolidierungs- oder Korrekturphase vorangegangen ist. Ein Chart, der eine solche Chance verpasst, verheißt dagegen meist Schwierigkeiten. Auch an den Finanzmärkten können also regelmäßig Entwicklungs- und/ oder Verhaltensmuster beobachtet werden, die für das normale Leben beziehungsweise den gewöhnlichen Alltag typisch sind: Solange sich keine Chancen und Angebote eröffnen, gestaltet sich das Leben völlig unauffällig und meist ausgewogen, es gibt nichts worüber man sich Gedanken machen müsste. Auffälliger wird es dagegen aber an Punkten und in Situationen, an beziehungsweise in denen bestehende und gute Chancen nicht ergriffen und genutzt werden, denn solche in vergleichbarer Weise erneut offenbart zu bekommen, kann oftmals sehr viel Zeit und Geduld kosten.
Dem Nasdaq 100 hängt der bereits genannte Fehlausbruch dabei noch immer sehr nach.
Diesen jedoch darauf zurück zu führen, dass zum Beispiel Apple oder Amazon jeweils erfolgreiche Tage zu verzeichnen hatten und den Index damit gewissermaßen pushen konnten, oder gar zu vermuten, dass eine außerordentlich positive Nachricht zu einer teils unbeabsichtigten Überreaktion von Anlegern geführt haben könnte, erscheint jedoch als weniger sinnvoll. Die Erfahrung zeigt schließlich, dass so etwas nicht wirklich besonders klug wäre.
Doch damit nicht genug: Auch offensichtliche Faktoren müssen hier einbezogen werden. Der Index tat sich letztlich schon länger sehr schwer damit, sich oberhalb des grün gekennzeichneten und langfristigen Aufwärtstrends seit dem Jahr 2009 zu behaupten. Nun dürfte dieser Kampf endgültig als verloren niedergelegt werden. Dies wirft darüber hinaus jedoch ebenso kein gutes Licht auf die großen Tech-Giganten und im Speziellen deren Heimat. Zwar können Trendbrüche nicht grundsätzlich als analytisches Allheilmittel betrachtet werden, denn es besteht immer die Möglichkeit, dass sie doch einmal in die falsche Richtung weisen. Sie einfach zu übergehen wäre vor dem Hintergrund eines Fehlausbruchs jedoch mehr als fahrlässig.
Die schweren Tech-Giganten
Der abgebildete Indikator kann damit schließlich als Vorzeichen in die Betrachtung einbezogen werden, denn er weist hin und wieder schon im Vorfeld deutlich die bereits erwähnten „negativen Divergenzen“ auf: So schaffte er es beispielsweise bereits nicht mehr, neue Hochs zu erzielen, während der Index dazu noch immer in der Lage war. Auf diese „negativen Divergenzen“ Rücksicht zu nehmen kann also sehr sinnvoll sein, auch wenn sie üblicherweise als durchaus unangenehme Zeitgenossen gelten. Letztlich geben sie jedoch zum Beispiel frühzeitig Aufschluss darüber, ob der jeweilige Kaufdruck zurückgeht und der Markt infolgedessen wieder anfälliger für weniger begeisternde Entwicklungen wird.
Hinzu kommt außerdem ein weiterer Aspekt: Amazon, Apple, Alphabet sowie Facebook allein sind aktuell im Index bereits mit etwa 35 Prozent gewichtet. Doch nicht erst seit die Zerschlagung dieser vier Tech-Giganten ernsthaft geprüft wird, wird man ihnen jeweils eine im besten Fall mittelmäßige technische Aufstellung nachweisen und attestieren können. Dem Nasdaq 100 dürfte es schließlich schwerfallen, ohne diese vier Schwergewichte erneut auf Kurs zu kommen und ein weiteres Mal Fahrt in eine vielversprechende, richtige Richtung aufzunehmen. Nicht einmal Microsoft mit seinem derzeitigen Marktgewicht von rund 12 Prozent wird dies – selbst unter Zuhilfenahme der weiteren 95 „kleineren“ Werte, wozu unter anderem auch Intel gehört – wirklich richten können.
Insofern fällt die Prognose für den Nasdaq 100 mit Blick auf die kommenden Monate also vergleichsweise verhalten aus. Kursgewinne gelten dabei als eher unwahrscheinlich, Kursverluste als wahrscheinlich. Der Index könnte aber durchaus weitere 1000 Punkte – ausgehend von seinem derzeitigen Niveau, welches bei etwa 7200 Punkten liegt – abgeben. Hier dürfte die Unterstützung bei etwa 6000 Punkten in den Blick der Baissiers fallen. Davon sind zwischenzeitliche Erholungen natürlich keinesfalls ausgeschlossen. Jedoch dürften diese dann wohl nur von kurzer Dauer sein und dabei kaum die Durchschlagkraft besitzen, sich letztlich doch noch zu einer Trendwende entwickeln zu können.
Natürlich gilt dennoch und wie immer, dass derartige Prognosen, die regelmäßig auf Basis von technischen Indikatoren erstellt werden, trotzdem nicht in jedem Fall vollumfänglich zutreffen müssen. Letztlich bilden sie immer nur Wahrscheinlichkeiten ab. Die hier getroffene Prognose scheint jedoch aktuell sehr gut zum Gesamtbild des Marktes zu passen. Vor dem Hintergrund des Auseinanderdriftens Europas, diversen nationalen wie auch internationalen Nebenkriegsschauplätzen, Handelsstreitigkeiten sowie Konjunkturindikatoren, die bereits bessere Zeiten erlebt haben dürften, erscheint es als durchaus nachvollziehbar, das die Gewinne der Unternehmen ihren Zenit zunächst einmal überschritten zu haben scheinen.
Ausgenommen natürlich immer, es gibt doch eines dieser kleinen, absolut entscheidenden und alles verändernden, technischen (!) Details, dass von allen Analysen und Analytiker/-innen schlicht übersehen wird, und in eine völlig andere Richtung weisen würde.